Warum die Stadt (noch) nicht rechnen kann

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(update vom 10.Jan. 2010) Der kleine Chris wünschte sich vom Christkind den super, super megacoolen High-Speed Spielecomputer „Xkrach “ 3000. Jetzt wusste er aber aus der Vergangenheit, Wünsche sind meistens mit der eigenen Leistung gekoppelt. Und seine Leistungen, z.B. in Mathe waren zur Zeit alles andere als vorzeigbar. So tat er etwas, was viele Schulkinder in ihrer Not tun: Er erzählte das, was Mutter hören wollte. „Wie bist du den in Mathe zur Zeit?“. „Gestern meinte die Lehrerin“, schwindelte Chris ,“wenn ich so weiter mache bekomme ich im Zwischenzeugnis eine 2.“ Mutter war zufrieden und ging wohlwollend noch mal die Geschenkeliste durch.

Einige in der Stadt möchten eine Mehrzweckhalle. Schon länger. Einige möchten auch eine Nordumgehung. Auch schon länger. Der Bürgermeister und die ihn tragende Wählergruppierung sprachen in diesem Zusammenhang sogar von „einmaliger, historischer Chance“ und „Zukunftschance“ die es zu ergreifen gelte. Da traf es sich gut, das man in der Heimatzeitung von weiter „sprudelnden Steuereinnahmen“ lesen konnte. Zwei Tage vor der im Stadtrat zu treffenden Grundsatzentscheidung über den „Neubau einer 3-fach Turnhalle“. Wenn finanzieller Spielraum vorhanden zu sein scheint, gehen Stadtratsarme in Ja-Position. Und so wurde am 12. November 2009, beseelt von der ungeprüften Annahme, die Finanzkrise ziehe an Geisenfeld vorbei, beschlossen, den Bau einer, auch als Mehrzweckhalle nutzbaren, 3-fach-Turnhalle „weiter zu verfolgen“.

Vier Wochen später klaffte an Stelle des finanziellen Handlungsspielraums ein hässliches Finanzloch. Die Finanzkrise hatte nun wohl auch, wie viele ungebetene schwere Brummer vor ihr, die B 300 durch Geisenfeld entdeckt.

Plötzlich ließen „aktuelle“ Berechnungen die Einkommenssteuer von im Haushaltsansatz kalkulierten 4,36 Mio. auf deutlich unter 3,5 Mio. erahnen. Im Bemühen, diesen sich abzeichnenden Ausfall von annähernd  1.000.000,- € zumindest verbal abzufedern, korrigierte er in einem Zeitungsartikel die im Haushalt veranschlagten Gewerbesteuereinnahmen von 2,4 Mio. flugs auf „satte 3 Mio“ hoch.

Betrachtet man sich seine Prognosefähigkeit der vorangegangenen Wochen, so lässt diese Korrektur des Bürgermeisters nichts Gutes erahnen. Doch er sieht sich tapfer gegen den Strom schwimmen und verweist auf die staatliche Schlüsselzuweisung von 860 000,- €. Die käme „voraussichtlich“ in „fast“ dieser Höhe. Andere Bürgermeister in Bayern sehen diese Schlüsselzuweisungen etwas realistisch da sie noch unter Vorbehalt stehen. Der Landtag muss im Frühjahr 2010 darüber noch abschließend entscheiden. Die Budgetberatungen werden im Landtag am 27. Januar 2010 beginnen und noch vor Ostern am 23. März abgeschlossen sein. Im Rahmen der Budgetberatungen beschließt der Landtag auch immer über den kommunalen Finanzausgleich. Da Geisenfelds Kämmerer Hans Thaller nicht nachträglich an einem zu früh aufgestellten Finanzhaushalt herumbasteln möchte, wird der Haushalt für das Jahr 2010 -wie schon 2009- nicht zum 1. Januar sondern erst nach Vorlage aller Zahlen im März/April im Stadtrat beraten.

In der Zwischenzeit können wir uns die Zeit mit sicherlich nicht ausbleibenden neuen Wasserstandsmeldungen aus des Kämmerers Stadtsäckel vertreiben. Die Hofschreiber des Bürgermeisters, denen er ausdrücklich auf der Jahresendsitzung des Stadtrats für ihre „faire Berichterstattung“ dankte, werden, wie oben nachzulesen, den ihm genehmen Zeitpunkt zur Veröffentlichung von „sachdienlichen“ Zahlen finden.

Die Stadtratsfraktionssprecher von CSU und FW/CDG befürchten aber heute schon schwere Einbrüche im Geisenfelder Haushalt.

So verwies FW/CDG-Fraktionssprecher Helmut Königer in seiner Jahresschlussbilanz auch auf die Fehler der Vergangenheit. „Bei manchen Entscheidung in der Vergangenheit wurde über Folgekosten entweder nicht nachgedacht oder noch schlimmer, erst gar nicht darüber gesprochen“. Und mit Blick auf die von ihm als „Prestigeobjekt“ bezeichnete Mehrzweckhalle verwies er auf „die Folgekosten, die sich auf ca. 10% der Herstellungskosten belaufen. Dies seien zwischen „150 000,- € und 200 000,- € pro Jahr. Sehr viel Geld in schwierigen Zeiten“. Mit Verweis auf die derzeitige und sich für die Zukunft abzeichnende wirtschaftliche Situation mit Steuerausfällen, steigenden Umlagen und der Misswirtschaft Bayerns bei der Bayern LB sieht er einen immer enger werdenden finanziellen Spielraum der Kommune. „Die Rücklagen sind Ende 2010 aufgebraucht“ gibt er zu bedenken.  „Gerade deshalb gilt es jetzt, sich auf das Wesentliche, bzw. das Notwendige zu konzentrieren“ appellierte er abschließend an seine Kolleginnen und Kollegen im Stadtrat.

Seine Sprecherkollegin von der CSU/UL Fraktion, die 2. Bürgermeisterin Gabriele Bachhuber sieht es ähnlich kritisch. Auf Nachfrage von Bürgersicht.de verweist sie zuerst auf die Amtszeit von Altbürgermeister Josef Alter.“Er war sehr sparsam“. Mit Verweis auf die allgemeine wirtschaftliche Situation „fürchte ich, es bricht mehr ein, als man zur Zeit sieht“ gibt sie zu bedenken.

Wenn sie jetzt der Verdacht beschleicht, da konnten schon früher einige nicht richtig rechnen dann klicken sie auf obiges Bild und betrachten es etwas genauer. Dieser Auszug mit den Zahlen aus der Web-Seite der Stadt Geisenfeld wurde seit dem Amtsantritt des jetzigen Bürgermeisters im Jahr 2008 nicht mehr verändert. Finden sie den Fehler (schreiben sie einen Kommentar) und beweisen sie:

SIE können rechnen. Im Rathaus kann man es seit 2008 offensichtlich nicht!

(sollten die im Rathaus den Fehler nun auch erkennen und ihn zwischenzeitlich ausbessern, so sind sie wenigstens lernfähig)

Liebe Frau Missbrand -Abteilung „EDV und Technik“ im Rathaus- diesen Eintrag haben sie beim update auf das neue Seiten-Layout der Stadt  so vorgefunden. Ein „kommunalpolitischer Penner“ hat ihnen dieses Ei ins Nest gelegt. Fragen sie wegen der korrekten Zahlen bei einer Person im Rathaus nach, die sich mit solchen Zahlen auskennt. Im Zweifel hilft das Landratsamt.

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update vom 10. Januar 2010:

Ob man bei der Stadt nun rechnen kann weiß ich nicht. Das man sich der „Denksportaufgabe“ aus dem obigen Artikel  stellte, diese richtig löste und die bisher falschen Angaben auf der städtischen Homepage berichtigte, das können nun alle sehen.

Klicken sie auf obigen Link zur Seite der Stadt Geisenfeld und sie können nun auch dort korrekte Angaben lesen:

In Geisenfeld gibt es 20 Stadträte (ohne Bürgermeister). Der Stadtrat besteht also aus 21 Stadträten (inkl. Bürgermeister)

Und alle zusammen ergeben -nun- 100%.

Ich freue mich, dass „Bürgersicht“ helfen konnte!

BeSch

Über Bernd Schuhböck

Nicht nach heutigen, jedoch nach den Maßstäben der Ära Willy Brandt politisch eher linksliberal. Wer ihn missverstehen möchte, nennt ihn einen Sozialromantiker. Wer ihn kennt, wertkonservativ und mit zu viel Ethos für einen Bayer. Der Mann für´s kommunale, soziale oder sonstwie politische. Oder für Themen, für die sich keiner fand, der sie aufgreifen wollte.

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